Präsentation des Jahresprogramms

Regensburger Kantorei
Bildrechte Peter Pavlas - Regensburg

Mutanten beherrschen das Geschehen. Sie sind spontan auftretende Veränderungen des Ausgangsmaterials, das immerhin erkennbar bleibt, doch wissen wir nicht, wohin sich alles entwickeln wird. Es wird an unseren Intellekt appelliert, das sinnliche Erleben tritt zurück.

Das ist keine Beschreibung der rotierenden Leere, die uns seit nunmehr vier Monaten der verordneten Stille erfasst hat. Es ist die Beschreibung eines Werkes eines noch jungen Komponisten. Was mag Girolamo Frescobaldi bewogen haben, seine Fantasien als sein Erstlingswerk zu veröffentlichen, strenge und nüchterne Kompositionen voller Verweigerung zur Schau gestellter Gefühle? Wir dürfen „einer Zeit und einer Musikkultur, in der solche Werke entstehen und von vielen geschätzt werden konnten (…), gewiß die Bewunderung nicht versagen.“ (Willi Apel: Geschichte der Orgel- und Klaviermusik bis 1700)

Was mag uns heute bewegen, jetzt ein Jahresprogramm zu veröffentlichen, einen Versuch, das sinnliche Erleben in unseren Kirchenräumen wieder erfahrbar zu machen? Gewiss, die Kirchen blieben geöffnet, in den Gottesdiensten gibt es sogar Musik, die nicht vom Band kommt oder per Livestream aus dem Computer genossen wird. Neidisch und argwöhnisch wird auf die Kirchen geblickt, weil dort Kultur noch stattfinden darf. Solidarität unter Künstlern ist keineswegs selbstverständlich.

Und doch haben sich alle gefreut, die eingeladen wurden, bei uns zu musizieren. Wir planen! Vieles ist vorläufig, es gibt einige Leerstellen, die im Laufe des Jahres gefüllt werden könnten. Wenn es dennoch anders kommt: Im Absagen von Konzerten haben wir mittlerweile Übung.

Wir denken mit Freude an die Einweihung der Bachorgel zurück. Fast ein kleines Wunder, dass sie im letzten Jahr mit acht Konzerten stattfinden konnte! Eine Orgelwoche wird es auch in diesem Jahr geben, acht Konzerte an der Bachorgel mit vielen großartigen Gästen.

Ein Problem sind nach wie vor die Auftritte der Chöre. Wir haben kaum die Platzkapazitäten, die wir gemäß geltender Abstandsregeln bräuchten. Auch Chorproben werden von Virologen und Politikern misstrauisch beäugt. So werden es vorwiegend kleine Chorgruppen sein, die in diesem Jahr vielleicht auftreten werden. Die Frage ist im Moment, ab wann wir wieder proben dürfen.

Wir veröffentlichen das Jahresprogramm trotzdem als ein Zeichen des Lebenswillens und der Freude. Und wir beginnen in einer „Stunde der Kirchenmusik“ am Karfreitag mit einem Orgelkonzert, in dem die Fantasia quarta von Girolamo Frescobaldi erklingen wird. Karg und vergrübelt, großartig in der Ausformung und der ständigen Mutation zweier Themen. Wohin die Mutationen führen werden, wissen wir nicht. Es ist ausnahmsweise positiv gemeint: Lassen Sie sich anstecken!

Ihre Regensburger Kantorei im Februar 2021